Zu fällen einen schönen Baum
Braucht`s eine halbe Stunde kaum
Zu wachsen, bis man ihn bewundert
Braucht er, bedenk es, ein Jahrhundert
Eugen Roth
Vor meinem Fenster
Vor meinem Fenster steht ein alter Baum. Jeden Tag, wenn ich esse, arbeite oder lese, fällt mein Blick auf ihn und er erzählt mir eine Geschichte.
Er erzählt von vergangenen Tagen, von Sonnenschein und Sturm, Krieg und Frieden, ungezählten Sommern, auf die Herbst und Winter folgte, es dann aber doch wieder Frühling wurde. Der Baum strahlt Ruhe aus. Und Weisheit. Gelassenheit und Kraft.
Er steht da, fest verwurzelt und überdauert die Jahrhunderte.
Er macht keine Anstalten, davon zu laufen. Er ist zufrieden an seinem Platz und strebt nach keinem anderen. Bei freundlichem Wetter steht er still und klagt nicht über Langeweile. Bei Wind und Regen wiegt er sich sanft, ohne seine Standhaftigkeit zu verlieren. Seine Kraft zieht er tief aus Mutter Erde.
Er beherbergt eine Unzahl von Insekten, Vögeln und Eichhörnchen und spendet uns Menschen völlig umsonst das Wichtigste, was wir zum Leben brauchen: Die Luft zum Atmen. Und das tut er einfach so, ohne etwas zurück zu verlangen.
Er nimmt unseren Abfall auf, an dem wir ersticken würden und wandelt ihn um in lebensspendenden Sauerstoff.
Er ist ein Zauberer, ein Medizinmann, ein gütiger Vater, ein Bruder, ein Freund.
Er steht da vor meinem Fenster und spricht jeden Tag zu mir. Ohne Worte sagt er: „Ich stehe hier schon seit 100 Jahren. Was soll passieren, Kind?“
Das beruhigt mich und macht mich glücklich.
Das kann kein junger Baum. Ein junger Baum ist noch unsicher, noch nicht richtig angewachsen, verwachsen, verwurzelt. Er hat mich sich zu tun, kämpft ums Überleben.
In seiner Krone ist nicht viel Platz für Lebewesen. Vögel brauchen hohe Bäume. Sie spähen von dort nach Futter und bauen ihre Nester in den dichten hohen Kronen. Das können sie nicht in einem 20jährigen Baumkind, dessen Krönchen gerade mal auf der Höhe eines Busses ist.
Lasst uns bitte endlich vernünftig werden und einsehen, dass auch unser Leben ohne Bäume unmöglich ist.
Der menschengemachte Klimawandel tötet schon genug von ihnen.
Lasst uns die Säge beiseite legen und uns an der Ausstrahlung von gesunden, große, alten Bäumen erfreuen.
Monika Zaubzer
Bäume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt (Khalil Gibran)
Bäume sind die schönste Verbindung zwischen Himmel und Erde (Hermann Lahm)
Bäume sind Heiligtümer, wer mit ihnen zu sprechen, wer ihnen zuzuhören weiß, der erfährt die Wahrheit (Hermann Hesse)
Ich verstehe nicht, wie man an einem Baum vorübergehen kann, ohne glücklich zu sein (Fjodor Dostojewski)